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Der aktuelle Stand der Coaching Wirksamkeitsforschung

Das Angebot an Coaching Dienstleistungen und die Inanspruchnahme durch Unternehmen als auch Privatleute haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Man kann sagen, dass sich Coaching zu einem etablierten Instrument der Personalentwicklung in den letzten Jahren entwickelt hat. So gibt es inzwischen kaum ein DAX-Unternehmen, das nicht Coaching als ein Instrument der Personalentwicklung einsetzt und entsprechende Ressourcen für seine Führungskräfte bereithält oder extern einkauft. Auch im privaten Bereich haben immer mehr Menschen Coaching als Dienstleistung in Anspruch genommen.

Nach Ergebnissen der ICF Global Coaching Study 2016 wird das Umsatzvolumen der Coaching-Branche, bezogen auf das Jahr 2015, weltweit auf rund 2,3 Milliarden US-Dollar geschätzt. Dies entspricht einer deutlichen Steigerung gegenüber dem Jahr 2011.

Die zunehmende Verbreitung von Coaching könnte dazu verleiten, anzunehmen, dass dies bereits ein Indiz für die Wirksamkeit von Coaching sei. Wieso sollten rational handelnde Unternehmen / Personen in ein Format investieren, dessen Nutzen für sie unklar ist. Wissenschaftlich betrachtet reicht eine solche Begründung jedoch nicht aus.

Bei der inzwischen erreichten Größe des Coaching Marktes wird es umso wichtiger, mit den Methoden der Sozialwissenschaften zu erforschen, ob und wie Coaching wirkt. Schließlich wollen Unternehmen einen „Return on Investment“ auf ihre Personal-Investitionen sehen bzw. Privatpersonen sicherstellen, dass sie sich zu Recht auf Coaching verlassen können. Gerade weil der größte Hype um den Einsatz von Coaching inzwischen vorbei zu seien scheint und sich eine gewisse Akzeptanz dieses Instrumentariums eingestellt hat, tun Wissenschaft und Praxis gut daran, die Wirksamkeit von Coaching intensiver zu untersuchen.

Selbst wenn Coaching im Unterschied zur Psychotherapie keine Kassenleistung darstellt, die vordergründig zum Nulltarif über die Solidargemeinschaft zu haben ist, sollte allen an diesem Thema Beteiligten daran gelegen sein, eine wissenschaftliche Legitimation für die Wirksamkeit zu erhalten.

 

Wie definiert sich Wirksamkeit?

Was aber bedeutet Wirksamkeit? Wer bestimmt, welche Effekte gewünscht und damit als Indikatoren für die Wirksamkeit einer Coaching-Maßnahme herangezogen werden?

Subjektiv empfinden die meisten meiner Coachees, die in den Genuss einer Coaching Maßnahme gekommen sind, diese im Nachgang als angenehm oder sehr angenehm. Viele Führungskräfte aber auch Privatpersonen, die bei mir ein Coaching durchgeführt haben, berichten anschließend von positiven Effekten auf ihre Wahrnehmung und ihr Verhalten. Subjektiv scheint es also viel Zufriedenheit mit dem Einsatz von Coaching Interventionen zu geben.

Dies kann zunächst als ein bekanntes Phänomen der Sozialpsychologie bzw. der Therapieforschung gewertet werden. Personen, die von einem Akteur Aufmerksamkeit erfahren, beurteilen diesen und die Situation positiver im Vergleich zu Personen einer Kontrollgruppe, die diese Aufmerksamkeit nicht erfahren haben.

Nach meiner Einschätzung kann die Frage der Wirksamkeit von Coaching Maßnahmen wissenschaftlich nur dann halbwegs beantwortet werden, wenn sich die Coaching Forschung zunächst Gedanken über ein Modell der Wirksamkeit von Coaching Interventionen macht. Hierzu könnte meines Erachtens die Psychotherapie-Forschung, die bereits seit vielen Jahren über die Wirksamkeit von Psychotherapie forscht, einen wesentlichen Beitrag leisten. So haben Orlinsky et al. bereits 2004 ein „Generic Model“ der Psychotherapie-Forschung vorgelegt. Dieses könnte als Ausgangspunkt für einen Bezugsrahmen der Coaching Forschung dienen.

 

Vier Ebenen der Wirksamkeit von Coaching-Maßnahmen

Wenn man die Literatur analysiert, so werden häufig vier Ebenen unterschieden, auf denen die Wirksamkeit gemessen werden kann:

  • die subjektive Zufriedenheits-Reaktion des Coachee (Zufriedenheit, Nutzen)
  • das affektive und kognitive Lernen des Coachee
  • das veränderte Verhalten und der Transfer in den Alltag
  • der Beitrag zu den Organisations-Zielen / Familien-Zielen (Produktivität, Mitarbeiter-Zufriedenheit, Bindung)

 

Während die Ebenen eins und zwei noch relativ gut sozialwissenschaftlich erfasst werden können, gelingt dies für die Ebenen drei und vier schon nicht mehr. Selbst-Auskünfte der Klienten stehen im Mittelpunkt der Forschung und machen das Ergebnis angreifbar. Gerade bei den letzten beiden Punkten ist die Forschung fast ausschließlich auf die subjektive Schilderung der Coaching Teilnehmer angewiesen und die Vielfalt der Wirkfaktoren kann wissenschaftlich kaum kontrolliert werden. Insoweit stehen eher explorativ angelegte Studien im Mittelpunkt.

 

Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit von Coaching 

Die Wirksamkeit einer Coaching Maßnahme hängt grundsätzlich von folgenden Merkmalen ab, die in vielen Modellen der Wirksamkeit herangezogen werden:

  1. Input-Faktoren: Coach Merkmale, Coachee Merkmale, Organisationaler Kontext
  2. Prozess-Faktoren: Coach-Klienten-Beziehung, Prozess und Struktur des Coaching

 

Im Mittelpunkt der Forschung steht insbesondere die Coach-Klient-Beziehung. Ähnlich wie es die Psychotherapie-Forschung bereits ermittelt hat, ist die Qualität der Beziehung zwischen Coach und Coachee ganz entscheidend für den Erfolg bzw. die Wirksamkeit einer Coaching Maßnahme. Wesentlich für den Erfolg einer Maßnahme scheint zu sein, dass der Klient den Coach auf Augenhöhe und nicht in einer hierarchisch übergeordneten Rolle erlebt. Ein Coach muss aktiv, geplant, überlegt und zielgerichtet eine Beziehung zum Coachee gestalten, damit dieser der Person und der Kompetenz des Coaches vertraut und dieses Verhältnis wiederum eine wirksame Variable für den Coaching-Prozess darstellt.

Weitere Variablen, die bei der Wirksamkeit einer Coaching-Maßnahme von der Wissenschaft Beachtung finden, sind die folgenden:

 

  • Die Dauer des Coachings
  • Persönliches Coaching versus Telefon-Coaching
  • Freiwillige Coaching Maßnahme versus Auftrags-Coaching
  • Firmen-externes versus Firmen-internes Coaching

 

Für diese Variablen gibt es bislang nur eine relativ begrenzte Anzahl Studien und insoweit auch keine wissenschaftlich untermauerten Ergebnisse.

 

Ergebnisse von Meta-Studien zur Wirksamkeit

Inzwischen existieren einige Meta-Analysen, die sich mit der Wirksamkeit von Coaching auseinandergesetzt haben. So kommt der niederländische Coaching Forscher Theeboom (2013) von der Universität Amsterdam zu der Schlussfolgerung „In general, our meta-analytic findings indicate that coaching is an effective tool for improving the functioning of individuals in organizations.“ (Theeboom et al. 2013).

 

Kotte et al. (2016) kommen auf Basis ihrer Auswertung von Coaching Studien zu einem ähnlichen Schluss wie Theeboom: „insgesamt kommen die Metaanalysen zu dem Ergebnis, dass Coaching wirkt. Allerdings schwankt die Stärke der Effekte zwischen den und innerhalb der Metaanalysen stark, was umso deutlicher macht, dass zukünftig weniger Wirksamkeits- und mehr Wirkfaktoren-Forschung nötig ist.“

 

Literaturhinweise

International Coach Federation, Global Coaching Study 2016

Kotte et al. Der Stand der Coachingforschung: Kernergebnisse der vorliegenden Metaanalysen. In OSC, 1/2016, Seite 5 – 23

Orlinsky et al. Fifty years of psychotherapy process-outcome research. Continuity and change. New York, Wiley, 2004

Theeboom, Tim et al. Does coaching work? A meta-analysis on the effects of coaching on individual level outcomes in an organizational context. A summary for the ICF, 2013

 

Hans-Georg Lauer

Coach in Köln

Hans-Georg Lauer Business- & Life-Coach
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